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Unsere Vereinschronik

Nach den vorliegenden Originalprotokollen wurde der Fischereiverein Riedlingen im Jahre 1908 gegründet. Inhaber der Fischereirechte in der Donau waren damals die Schultheissenämter. Vorstand des Vereins war Schultheiß Willauer aus Zwiefaltendorf. Sein Nachfolger wurde am 7. September 1928 Stadtbaumeister Sorger aus Riedlingen. Er trat 1933 aus Gesundheitsgründen zurück.

Eine einheitliche Regelung der Fischereiverhältnisse in der Donau zwischen Vertretern des Großherzogtums Baden, des Königreiches Preußen und des Königreichs Württemberg wurde 1907 vom Großherzoglich Badischen Bezirksamt Meßkirch angeregt. Sie betraf die Strecke der Donau auf badischem, hohenzollerischem und württembergischen Gebiet bis nach Rechtenstein. Es wurde beschlossen, in der oberen Donau keine Aale mehr einzusetzen, weil sie sich für heimische Fische und Brut als schädlich erwiesen hatten. Dagegen wurden Jährlinge eingesetzt, und zwar Forellen, Aschen, Hechte und Friedfische (Karpfen, Schleie). Pachtstrecken in der Donau sollten mindestens 5 km, in kleineren Flüssen 2 km betragen.

Im Jahr 1908 hatte der Fischereiverein Riedlingen 116 Mitglieder, 1935 nur noch 58.

Während des 1. Weltkrieges tagte der Ausschuß nur ein Mal. Am 5. Oktober 1914 beschloß er, von dem traditionellen Fischessen abzusehen und stattdessen dem Roten Kreuz 200 Mark zu spenden. Außerdem wurden an jedes Lazarett Fische im Wert von 25 Mark abgegeben.

Die Pachtsumme, die an die Stadtgemeinde Riedlingen bezahlt werden musste, wurde ab 1. April 1919 von 300 Mark auf 500 Mark erhöht. 1922 - es war damals Infaltiionszeit - betrug das jährliche Pachtgeld für das Fischwasser in der Donau und in der Schwarzach 5 000 Mark. Nach der Währungsreform wurde 1924 beschlossen, jährlich nur noch 200 Rentenmark zu zahlen.

Zu Unzuträglichkeiten hat offenbar die Ausgabe von Fischkarten durch die Ortsbehörde an Jugendliche ab 16 Jahre geführt. Beklagt wurde das Überschreiten der Fischwasser und das Wildfischen. Deshalb sollte 1919 das Mindestalter für die Ausgabe von Fischkarten auf 20 Jahre heraufgesetzt werden

Als mustergültig angelegt bezeichnete der Ausschuß am 19. April 1920 die Teichfischanlage von Medizinalrat Dr. Mißmahl.

1922 betrugen die Preise für je 1 Pfund

 

Huchen20 Mark
Forellen20 Mark
Hecht10 Mark
Aschen10 Mark
Barben5 Mark
Weißfisch 3 Mark

Um zu vermeiden, daß einige Bewohner des öfteren Fische kaufen, während andere leer ausgingen, wurde beschlossen, ein Verzeichnis der Empfänger von Fischen anzulegen.

Da 1924 wieder eine größere Zahl von Fischreihern festgestellt wurde, sollten in der Hauptversammlung in Stuttgart am 28. September 1924 Prämien für die Erlegung von Fischreihern beantragt werden.

Immer wieder wurden Wildfischer und Fischdiebe festgestellt. 1927 wurde eine Belohnung von 20 Mark für jede Person ausgesetzt, die Wildfischer zur Anzeige bringt, vorausgesetzt, er wird bestraft. Beklagt wurde, daß 1928 ein Wilderer, der einen 7-pfündigen Hecht aus der Schwarzach gestohlen hatte und deshalb angezeigt wurde, vom Oberamt "mit sage und schreibe 8 Mark bestraft" worden sei. 1931 berichtet Fischmeister Baur von einem Fischdieb. Er sei mit einem Netz gesehen worden, und er habe erklärt, er habe dieses Jahr schon so viele Hechte gefangen, daß er "bequem" auf den Feuerwehrtag nach München fahren können. Das Bürgermeisteramt wurde ersucht, an Minderjährige keine Fischkarten mehr abzugeben. Das Stationskommando soll das Fischwasser besser beaufsichtigen. Die Prämie für jede Anzeige von Dieben wurde auf 5 Mark festgesetzt.

Der Fischbestand wurde anfangs dieses Jahrhunderts als gut bezeichnet. Die allgemeine Schonzeit für Forellen in der Donau war von 1895 bis 1908 vom 10. Oktober bis 10. Januar, danach bis 1. Februar festgesetzt.

Eingesetzt wurden 1908 3000 Bachsaiblinge (Jährlinge), 6000 Hechte (Jährlinge) sowie Brut von 10000 Regenbogenforellen und 80000 Bachforellen.

Um die Bevölkerung mit frischen Fischen zu versorgen, wurde am 22. August 1910 beschlossen, in der Donau am Garten des Stadtbäckers Paul Hammer einen Fischbehälter anzubringen. Allerdings wurde dieser Fischkasten ein Jahr später von der Königlichen Straßenbauinspektion Ehingen beanstandet. Folgerungen wurden aber nicht gezogen.

1912 brach bei den Aschen und Forellen die Furunkulose aus.

In den 20er Jahren wurden auch Huchen gefangen. Trotz des Rückganges von Fischen infolge der Einleitung von Abwässern wurde 1927 eine Zunahme der Zahl von Aschen in den letzten Jahren festgestellt.
1928 wurde vom Angebot des Landesfischereivereins Gebrauch gemacht, kostenlos Krebse für die Donau und die Schwarzach zu liefern. Eingesetzt wurden damals in diesen Gewässern 500 Krebse, ferner 250 einsömmrige Hechte.
Die Schwarzach wurde 1929 als "Schutzplatz für Fische" bezeichnet.

1932 ging der Fischertrag außerordentlich zurück. Ursache des Rückganges waren schlechte Wetter- und Wasserverhältnisse. Als Fischpreise wurden festgesetzt Forellen 1,20 RM, Aschen und Hechte -,90 RM, Aale und Barben -,30 RM, Weissfische -,20 RM.

Im Zuge des Umbaues des Donauwehrs im Herbst 1933 wurde eine Fischleiter so angelegt, daß Fische auch bei niedrigem Wasserstand aufsteigen können.

1935 wurde ein überaus geringer Äschenbestand in der Donau festgestellt. Auffallend war die außerordentliche Zunahme an Weißfischen. Für das Fischessen wurden hauptsächlich Brachsen verwendet.

Als Ausbeute des Fischereivereins in der Donau und ihren Nebengewässern Biberbach, Ostrach, Ablach und Schwarzach im Jahr 1938 wurden insgesamt 620 kg Fische genannt, in der Hauptsache Hechte, Forellen, Weißfische und in geringem Umfang Barsche. Äschen, früher der Hauptfisch, waren in der Donau nicht mehr anzutreffen. In den Nebengewässern wurden 1000 Jungfische, hauptsächlich Forellen eingesetzt. Außerdem erfolgte am 27.10.1941 der Einsatz von 1 577 Bachforellensetzlingen und am 17.10.1942 von 1 050 dieser Setzlinge.

Für Zwecke des Fischfangs wurde vom Vorstand am 22. April 1929 der Kauf eines Schiffes von 6 m Länge bei der Fa. Käsbohrer in Ulm und der Kauf von 2 Reusen (je 26 l) bei der Firma Langjahr in Kirchheim beschlossen. In den 30er Jahren wurden von Oberforstmeister a. D. Stier aus Ulm Fischmarkierungen vorgenommen, um das Wachstum und den Wandertrieb der Fische zu kontrollieren.

Mit jeder Haupt- bzw. Generalversammlung war traditionsgemäß ein Fischessen verbunden, das regelmäßig als reichlich und gut bezeichnet wurde. Während der Amtszeit des Vorstands Schultheiß Willauer fanden die Fischessen abwechselnd im Gashaus zum Rössle in Zwiefaltendorf und im Gasthaus zum Engel in Riedlingen, später nur noch dort statt.
Ausgefallen waren die Fischessen im 1. Weltkrieg und in den Jahren 1922 bis 1926, in denen auch keine Plenarversammlungen abgehalten wurden. Am 11.06.1929 wurde die Erhöhung des Jahresbeitrages beschlossen, weil die Mitgliedsbeiträge nur 120 Mark erbrachten, während für das Fischessen 200 - 220 Mark aufgewandt werden mussten. 1936 konnten wegen des ungewöhnlich hohen Wasserstandes während des ganzen Jahres keine Fische gefangen werden, so daß am 11. November anläßlich der Hauptversammlung ein Rehbratenessen veranstaltet wurde.

Daß sich der Fischereiverein Riedlingen schon frühzeitig auch um die Landschaftspflege annahm, geht aus einem Protokoll der Ausschußsitzung vom 8. September 1919 hervor, nach dem der Verschönerungsverein für die Bepflanzung der Flußufer einen Beitrag von 300 Mark erhielt.

Große Sorgen bereitete den Fischern die Einleitung von Abwässern in die Donau. Erstmals am 21. März 1927 kam zur Sprache, welch großer Schaden durch Industrieabwasser hervorgerufen werde. Die Lebensfähigkeit der Fische werde in schlimmster Weise beeinträchtig. Früher habe man die Kieselsteine in der Donau ohne weiteres sehen können. Jetzt erblicke man nur noch schwarzen Untergrund, hervorgerufen durch die Verschlammung des Bodens. Dadurch werde auch den Fischen die Nahrung entzogen. Als Verursacher der Verschmutzung wurde die Papierfabrik in Scheer genannt. Man beschloß, gegen die Verunreinigung Schritte einzuleiten.

Um die durch die Einleitung von Abwässern und Sulfitlauge von der Papierfabrik Scheer verursachten Schäden festzustellen, befuhren der Landesfischereisachverständige Dr. Smolian und Oberforstmeister Stier im Somer 1928 die Donau von Scheer bis Zwiefaltnedorf. Auf einen entsprechenden Bericht erließ das Innenministerium zunächst keine Anordnung. Der jährliche Schaden auf der Donaustrecke Scheer-Rechtenstein wurde von Dr. Smolian auf etwa 8 600 Mark beziffert. Es handle sich demnach um eine außerordentliche hohe volkswirtschaftliche Schädigung.

Die Generalversammlung forderte in seiner Sitzung am 26. Juli 1929, daß die Firma Krämer in Scheer eine Kläranlage erstellt, um dem Massensterben der Fische in der Donau Einhalt zu gebieten und die Fischzucht in der Donau zu retten.

Am 3. Februar 1931 stellte der Ausschuß fest, daß wegen der Wasserverunreinigung bisher nichts geschehen sei. Die Papierfabrik Scheer habe die Auflage bekommen, ihre Kläranlage zu erweitern. Allerdings habe der Landesfischereiverein mitgeteilt, daß die Kläranlagenerweiterung die schädlichen Abwässer nicht restlos beseitigen werde. Gegen den Antrag der Papierfabrik Scheer auf nachträgliche Genehmigung einer Änderung der zur Zellulosefabrik gehörenden Säure- und Laugenerweiterungsanlage, die in den vergangenen Jahren vorgenommen wurde, hatte der Bezirksfischereiverein Einspruch erhoben.

Klage über die Verunreinigung des Donauwassers wurde vom Ausschuß wieder am 6. März 1933 geführt. Er stellte fest, daß Säurebestandteile aus den Abwassern der Papierfabrik Scheer die Nahrungsbildung im Wasser verhindere. Allerdings könne man bei der Lage der Industrie nicht damit rechnen, daß von seiten des Oberamts Saulgau bzw. des Innenministeriums Abhilfe geschaffen werde.

Interessant ist in diesem Zusammenhang eine Zeitungsnotiz über die Mitgliederversammlung am 30. März 1939. In ihr wurde ausführlich über die Donauverunreinigung und ihre Auswirkung berichtet. Es wurde festgestellt, daß Abwässer keine besonders starken Säuren enthalten. Dagegen sei der Gehalt an Zucker und Eiweiß beträchtlich höher. Sie bildeten einen sehr guten Nährboden für Abwasserpilze und entwickelten sich in kurzer Zeit in dichten Bänken auf dem Flußbett und an den Ufern. Von Zeit zu Zeit würden sie absterben und in Form von grau-braunen Flocken mit dem Wasser fortgeführt. Der dichte Überzug am Flußboden mache den Fischen das Laichen unmöglich oder erfolglos. Die Entfaltung der Kleinfauna (Flohkrebs, Köcherfliegenlarve u.s.w.) werde unterbunden.
Die Papierfabrik Scheer habe sich bereit erklärt, die Schadensersatzansprüche des Fischereivereins zu erfüllen. Am 5. April 1940 wurden daraufhin 500 Mark überwiesen.

Eine entscheidende Wende in der Vereinsleitung brachte die Einführung des Führerprinzips im Dritten Reich. Die Sportfischer wurden zwangsweise in den Reichsverband Deutscher Sportangler (R.D.S) integriert. Alle bisher den Organen des Vereins zustehenden Aufgaben wurden dem "Führer" übertragen. Nichtarier konnten die Mitgliedschaft im Verein nicht mehr erwerben. Eine entsprechende Änderung des Satzung des Fischereivereins wurde am 20. März 1934 vorgenommen.

Bemerkenswert ist in diesem Zusammehang, daß die Protokolle über die Ausschußsitzung am 20. März 1934 und die Hauptversammlung am 26. Juli 1935 mit "Heil Hitler" endeten. Zuvor und danach schlossen sie mit dem Gruß "Petri Heil".

In der Mitgliederversammlung am 12. November 1938, an der nur 11 Mitglieder anwesend waren, wurde auf der Grundlage der Mustersatzung des Reichsverbands Deutscher Sprotfischer eine neue Satzung des Fischereivereins beschlossen und zum Vereinsführer Forstmeister a.D. Locher bestellt, der das Amt des Vorstands schon seit 4. August 1933 wahrgenommen hatte.  

In den Jahren 1939 bis 1942 wurden von Schriftwart Oberlehrer a. D. Hirth nur noch Kurzprotokolle über Sitzungen gefertigt. Eine Ausschußsitzung wurde nur noch am 19.2.1940, Mitgliederversammlung am 30.3.1939 und 16.8.1940 abgehalten.

In Anerkennung seiner Verdienste wurde dem Fischereiverein Riedlingen am 28.6.1942 die Goldene Medaille verliehen. Die Aushändigung sollte nach dem Krieg erfolgen. Die Silberne Medaille wurde bereits anläßlich des Landesfischereitags in Ulm im Juli 1929 überreicht.

Den letzten Eintrag im "Protokollbuch" des Fischereivereins Riedlingen verfasste Schriftwart Hirth im November 1942. Dabei wurden die Verdienste des am 29.10.1942 verstorbenen Vorstands Forstmeister a. D. Locher gewürdigt.